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  • AutorenbildJuli

Sabaidee, Sabaidee, Goodbye

Wir waren nun in Laos. Man hat uns gesagt, dass es ursprünglicher ist, nicht so touristisch und günstiger. Günstiger freut uns immer, weil wir natürlich versuchen so wenig Geld wie möglich auszugeben. Was wir dabei oft vergessen, ist der fahle Beigeschmack. Das bekamen wir schon in den ersten Tagen in Laos zu spüren. Denn mit günstiger für uns Touristen geht natürlich einher, dass das Land sehr viel ärmer ist. Den ersten Tag haben wir in der Grenzstadt verbracht um am nächsten Tag ein sogenanntes "Slow Boat" zu nehmen. Es war leider voller blutjunger Engländer, die das entspannte Bootsfahren zu einer wilden Party verwandelten. Wir erreichten am Nachmittag Pak Beng, eine kleine touristische Stadt am Mekong und waren gottfroh, die Partymeute hinter uns zu lassen. Es war wunderschön, aber super touristisch zugleich.

Mit dem Rad unterwegs zu sein hat einen kleinen Nebeneffekt. Man verlässt eben wieder diese Touristenblase und sieht alles ungefiltert, was sich außerhalb befindet. Ein günstiges Reiseziel bedeutet leider meistens auch, dass das Land wirtschaftlich nicht besonders stark ist und ein Großteil der Befölkerung in Armut lebt. Das stellten wir wieder fest, als wir wieder auf unseren Räder saßen. Ein paar Tage sogar in Begleitung: Mali und Jan, zwei Franzosen, die wir schon in Chiang Mai kennengelernt hatten. So wie wir den touristischen Ort verließen, fanden wir uns plötzlich in den sehr ursprünglichen und ärmlichen Dörfern wieder. Im echten und ungefiltertem Laos. Trotz der Armut wird man überall herzlichst mit einem Lächeln gegrüßt. Alle Kinder rennen auf die Straße und winken. Sie rufen dabei Sabaidi, Sabaidi, oder Goodbye und klatschen uns sogar ab. Irgendwann wird es fast schon lästig, aber den süßen kleinen halbnackten Kids kann man nicht wirklich böse sein. Immerhin lernten wir somit sehr schnell, dass "Sabaidi" Hallo auf laotisch heißt. Oft begegnen uns sehr junge Kinder (8-10 Jahre alt oder ähnliches) auf Mopeds, Rollern und ähnlichen Fahrgestellen mit Motor. Oftmals sitzen sie zu viert darauf - natürlich ohne Helm. Manchmal findet sich sogar eine ganze Familie auf einem Roller mit dem Baby in einem Tuch eingewickelt auf dem Rücken. Sehr viele Tiere rennen in den Dörfern umher und viele Kinder tragen die Hühner herum. Einmal sahen wir, dass Affen und Hunden in ein und dem selben kleinen Käfig gefangen gehalten wurden. Es gibt so viele Hunde und Hundewelpen, dass es schon unangenehm auffällt. Außerdem sehen die Tiere teilweise nicht sehr gepflegt aus, oft unterernährt und auf sich allein gestellt. Wir sahen auch große Watteansammlungen und bemerkten beim näheren Hinsehen, es ist tatsächlich Baumwolle und Bauwollsträucher. Ältere Damen verarbeiten sie zu Garn oder hockten an den altertümlichen Webstühlen, wie wir sie nur aus einem Museum kennen. Das ganze Leben findet vor den Häusern auf der Straße statt. So steht der große Topf auf dem Feuerholz, gewaschen wird sich im gemeinsamen Brunnen und die Haare werden vom Nachbarn geschnitten oder sogar entlaust. So werden wir Zeuge von dem wahren Laos im Norden. Es fühlte sich schon fast wieder wie eine Zeitreise an. Mal abgesehen von den Fahrzeugen könnte man denken im finsteren Mittelalter gelandet zu sein.

Außerdem fällt uns direkt auf, dass die Preise in den lokalen Restaurants fast doppelt so hoch wie in Thailand sind (2 Euro anstelle von 1 Euro). Wir erfuhren, dass hier eine unfassbar hohe Inflation herrscht. Während in Thailand jeder oder sehr viele Essen gehen können und die Restaurants oder Imbisse immer voll waren, stehen hier die Restaurants oft leer. Oft sind wir die einzigen Gäste oder die Tische waren mit den Restaurant-Betreibern belegt. Wir hatten nun eine ungefähre Vorstellung, was die Lebenshaltungskosten anbelangt. Und jetzt stellt euch mal vor, ihr verdient etwa 55 Euro im Monat, ein Essen kostet 2 Euro und der Liter Benzin kostet 1 Euro. So geht es zB. einem Lehrer, der hier studiert hat, wie wir erfahren haben. Auch die Waren in den Kiosken sprechen Bände, es gibt nur ein paar einheimische Snacks, denn niemand kann sich hier Snickers oder ähnliches leisten. Der Kühlschrank wird zum Verkauf benutzt, aber auch für die eigenen Lebensmittel der Familie und die Sachen darin sehen oft schon halb verschimmelt aus. Manche Läden werden auch gleichzeitig als Unterkunft genutzt. Hinter den Verkaufsregalen sehen wir oft die Betten der Besitzer des Ladens. Das Leben ist wirklich hart hier. Das zeigt sich am meisten, wenn man hier durch die Dörfer fährt. Viele haben ihre eigene Landwirtschaft, um über die Runden zu kommen. Alles wird gerodet. In den ganzen Hügeln und Bergen ist alles voller Felder, was natürlich auch sehr erschwerlich scheint. Die Gerätschaften sind alle sehr alt oder nicht vorhanden. Die Menschen sind entweder auf den Feldern oder sitzen vor ihren Hütten.

Während uns die Kinder mit voller Freude und strahlenden Gesichtern grüßen, starren uns manche Erwachsene mit leeren Augen an, ohne jegliche Emotion darin. Fast jeder Erwachsene hat einen Säugling mit einem Tuch um sich geschnallt, egal ob Mama oder Papa, Oma oder Opa. Wir haben noch nie so viele Kinder auf einem Haufen gesehen, also im Verhältnis zu den Erwachsenen. Wir erfuhren, dass die Geburtenrate hier sehr hoch ist aber auch mit einer hohe Sterblichkeit einhergeht. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Menschen in den nördlichen Regionen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Und anhand der vielen Kinder erkennt man auch, dass Verhütung hier noch nicht angekommen ist. Beziehungsweise wahrscheinlich auch einfach unbezahlbar. Zum einen sind wir etwas geschockt von dem Zustand der Bevölkerung und in welchen Verhältnissen sie leben. Die Landschaft ist hier jedoch atemberaubend. Alles ist grün und voller Tiere. Eine unendlich weite hügelige Dschungellandschaft. Dazwischen blühen die Blumen in den unterschiedlichsten Farben. Durch die Hügel geht es immer hoch und runter, nie geradeaus. Die Straßen sind größtenteils in Ordnung, jedoch mit einigen Schlaglöchern. Wir wollen natürlich am liebsten alles filmen, weil es wirklich sehr spannend ist, dieses Leben festzuhalten. Dieses Ursprüngliche. Wir fühlen uns aber gleichzeitig schlecht mit dem Rad durch die Dörfer zu fahren und die Kamera auf die armen Menschen zu halten. Die ersten Kilometer in Laos führen uns mal wieder vor Augen wie privilegiert wir in Deutschland sind. Dort wird gejammert, geschimpft und sich über die Zustände in Deutschland beschwert. Kaum einer weiß zu schätzen, was er eigentlich hat. Denn im Vergleich zu den meisten Menschen der Welt leben wir im absoluten Luxus mit genug zu Essen, einem Dach über dem Kopf und mit Zugang zu vielen sozialen Einrichtungen, Krankenversicherung etc.

Marc's Knie machte leichte Probleme und daher entschieden wir uns ein Stück zu trampen. Den Großteil des Straßenverkehrs machen hier die Roller aus. Das kann sich ein Großteil der Leute wohl noch leisten. Autos gibt es deutlich weniger, aber dann sind es ähnlich wie in Thailand meist Pick-ups oder Kleintranspoter. Leider hatten wir lange Pech, denn oftmals sind die Ladeflächen voll mit Leuten. Aber nach etwa 1,5 Stunden hatten wir Glück und würden komfortabel im Inneren des Wagens mitgenommen. Natürlich könnten wir auch einen Bus nehmen, aber das ist mit den Rädern oft so kompliziert, weil diese auf dem Dach angebracht werden müssen. Wir radelten an diesem Tag noch 40 Kilometer um dann im kleinen Ort Muang Khua anzukommen. Von hier aus sollte ein Boot fahren, dass uns empfohlen wurde. Die Gegend war hier sehr spärlich besiedelt und dann noch sehr ursprünglich ohne den Massentourismus. Der kleine Ort bestach mit seinem Charme und hatte einen kleinen Markt direkt auf der Straße. Ein wenig schockierend, was dort verkauft wurde: Tote Rückenstreifenwiesel oder bereits gebratene kleine Vögel, Ratten und Fledermäuse... Corona lässt grüßen. Leider zeigt uns das wieder einmal wie arm die Menschen hier sind. Jeder kämpft ums Überleben und muss etwas im Magen haben. Oder sie werden als Delikatesse angesehen was wir noch nicht rausfinden konnten.

Am Morgen luden wir dann zum zweiten Mal die Räder auf ein Boot. Dieses war viel kleiner und man saß auf Holzbrettern anstelle von weichen Autositzen wie beim letzten Mal. Zudem waren wir nur 5 Touristen und sonst Einheimsiche, was sehr angenehm war. Leider war der Motor so laut, dass eine Konversation während der Fahrt nicht möglich war. Wir hielten an den kleinsten Dörfern und immer mehr Menschen kamen hinzu. Einmal wurde sogar mit Hilfe eines Brettes ein Roller aufs Boot geschoben. So fuhren wir weiter bis zum Damm. Da mussten wir leider aussteigen und sollten hinter den Damm mit einem Auto gebracht werden. Wir dachten es wäre einfacher, die Räder selbst rüber zu fahren, da die auf der Karte angezeigte Anlegestelle nur 2 Kilometer entfernt war. Leider konnte keiner der Anwesenden richtig Englisch und sie ließen uns abziehen. Das war jedoch ein Fehler. Wir warteten 1 Stunde an der Stelle, aber kein Fahrzeug mit den anderen Fahrgästen kam vorbei. So radelten wir wieder zurück; alle warteten bereits sehnsüchtig auf uns. Denn wie man uns nun mitteilte, war die Anlegestelle woanders, wie wir ursprünglich dachten. Somit mussten wir auf ein neues Taxi warten und die Räder wurden dann doch wieder aufs Dach geschnallt. Wir fuhren ca. 5 Kilometer weit und mussten dann extrem steil über ein Dorf nach unten an den Fluss laufen, um dort auf das zweite Boot zu gehen. Mit den Rädern war das echt ein Akt, da diese getragen werden mussten. Und dann natürlich noch das Gepäck, was nochmal 4 - 6 Taschen waren, pro Fahrrad. Als wir dann nach 1 Stunde Bootsfahrt endlich in Muang Ngoy ankamen, waren wir echt fertig mit den Nerven. Für die anderen Touristen ist das eine entspannte Bootstour, doch mit den Rädern ist das alles etwas anstrengender. Dann hies es noch ein günstiges Gästehaus zu finden und die Räder über gefühlt 100 Stufen nach oben zu tragen.


Nachdem wir eingecheckt und die Räder versorgt hatten, bemerkten wir in welchem Paradies wir uns befanden. Sofort entschieden wir uns, hier zwei Nächte zu verbringen. Es war einfach ein sehr entspannter Ort, kaum Touristen aber jede Menge Gasthäuser direkt am Fluss Nam Ou. Drum herum alles voller grün bewachsener Berge. Wir bekamen leckeres Essen während wir die Ruhe des Flusses und die Aussicht genossen.

Nach einem erholsamen Tag machten wir uns mit den Rädern auf in das 20 Kilometer entfernte Dorf Nong Khiaw. Der Weg dorthin war schon ein Abenteuer, denn wir waren mitten im Dschungel. Erstmal mussten wir durch einen Nebenfluss um überhaupt auf die Straße zu kommen. Diese war aber eher ein Schotterweg und es ging immer steil auf und ab. Zur Freude begleitete uns ein Hund, der richtig Spaß hatte wie ein Rakete an uns vorbei zu rennen. Die Kulisse war einfach traumhaft. Auf der Hälfte der Strecke kamen wir an einem Dorf vorbei, wo wir uns bei einer älteren Dame den asiatischen Kegelhut kauften, den die Feldarbeiter hier oft trugen. Dieser "Nón tơi" ist super praktisch, weil er eine gute Lüftung bietet und einen großen Schatten wirft. Zudem wurde er hier direkt geflochten. Die Kinder waren wieder ganz begeistert von uns, wir mussten wieder winken und abklatschen. Wir kamen in ein kurzes "Zeichensprache - Gespräch" mit einer Frau. Sie fragte, ob das unser Hund wäre. Die Kinder schauten sich so begeistert die Räder mit dem ganzen Gepäck an. Wir entschieden uns kurzerhand, unsere kleine Ersatz - Isomatte zu verschenken. Voller Begeisterung schrien die Kinder auf und die Mütter bedankten sich entzückend. Für uns ging es nun mit Hut aber ohne Isomatte weiter bis nach Nong Khiaw, wo wieder etwas mehr Zivilisation herrschte und uns asphaltierte Straßen begrüßten. Zudem steuerten wir ein Gasthaus an, wo David bereits auf uns wartete. Wir hatten ein gemeinsames Mittagessen und ich entschied mich spontan noch auf einen Aussichtspunkt zu laufen. Für jede "Attraktion" wurde Eintritt genommen. Sei es Aussichtspunkt, Höhle oder Wasserfall. Die Preise waren aber wirklich in Ordnung, meist 1-2 Euro und das Geld kam den Menschen im Dorf zugute, somit nahmen wir das hier gerne hin. Diese Wanderung auf den Aussichtspunkt hat sich auf alle Fälle gelohnt: ca. 1 Stunde ging es steil bergauf und man war aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit komplett nass geschwitzt. Aber oben hatte man eine 360 Grad Aussicht auf diese wunderschöne Landschaft mit all den Bergen, die unterschiedliche Schatten werfen.

Die nächsten 2 Tage radelten wir nach Luang Prabang und trafen unterschiedliche Radfahrer unterwegs. Neue Bekanntschaften sowie Altbekannte aus Indien. Es war immer wieder schön und die Radgemeinschaft unterstützt sich wertvoll mit Tipps zu Routen, Unterkünften und sonstigem. Morgens war es immer total nebelig und fast kalt mit 20 Grad. Aber ab 11 Uhr schien sie Sonne und es wurde richtig warm. Leider suchten wir hier vergeblich die praktischen Kaffeestände, die es in Thailand überall gab. Als wir dann in Luang Prabang einfuhren, waren wir sehr glücklich. Denn das war eine Kolonialstadt der Franzosen und hatte somit jede Menge Cafés und Boutiquen - und das alles in Kolonialstil. Sehr schöne kleine Stadt, direkt am Mekong. Natürlich voller Touristen. Spontan ließen wir uns zu einer Fußmassage überreden, denn die Preise sind hier einfach unschlagbar. Die 1-stündige Fußmassage kostet genauso viel wie ein Gericht: Etwa 4 Euro.

Am nächsten Tag liehen wir uns einen Roller und fuhren zu dem bekanntesten Wasserfall in Laos. Es ist eine riesen Attraktion und somit sehr touristisch aufgebaut. Man wird mit E-Gefährten zum Eingang des Parks gefahren. Die Wasserfälle sind ein Traum, so viele verschiedene Terrassen, wo das Wasser wie im Märchenwald hinabfließt. Die hundert andere Touristen konnten wir auf den Bildern erfolgreich abschneiden, denn sie haben das Erlebnis etwas gedämpft. Wir erfrischten uns in den tollen aber sehr kühlen Wasserbecken.

Im Park selbst leben noch Bären, die gerettet wurden. Flüssige Bärengalle gilt in der traditionellen chinesischen Medizin als Wunderheilmittel. Tierschützer befreien die Tiere, die mit Drogen vollgepumpt werden, um das Zeug aus den lebendingen Bären zu ziehen. Hier wird ziemlich gut aufgeklärt und die Bären sind hinter dem Zaun gut zu sehen und haben dennoch ihren Freilauf. Dieses Gehege ist wahrscheinlich immer noch viel zu klein, aber dort sind auch die 1m x 1m großen Käfige abgebildet, in denen sie gefangen gehalten wurden. Danach zu urteilen, geht es den Tieren nun auf alle Fälle besser. Praktisch ist natürlich, dass man automatisch an den Bären vorbei geführt wird, um somit auf das Problem hinzuweisen und die Menschen aufzuklären. 90% der Besucher und auch Einheimische kommen bestimmt an diesen besonderen Ort und sehen die armen Bären. Die Reichweite dieses Projekts ist gut genutzt und hilft hoffentlich dem Problem ein Ende zu setzen. Die heiß geliebte Substanz der Bärengalle kann nämlich heutzutage leicht im Labor hergestellt werden und muss somit keinem Bären mehr entzogen werden.

Nun ließen wir langsam den Norden von Laos hinter uns und buchten uns einen Bus nach Vientiane, der Hauptstadt von Laos. Wir hatten nicht mehr allzu viel Zeit und wollten ungern eine schlechte und vielbefahrene Straße voller Staub und LKWs befahren. Zudem wartete auch David in der Hauptstadt auf uns. Den letzten Abend traf ich mich noch mit Ina auf dem Night Market, wo es immer leckeres Essen gab. Vorher waren wir noch auf dem Hausberg und bestaunten mit hundert anderen Touristen den Sonnenuntergang.


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