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  • AutorenbildJuli

Pamir Highway Teil 2

Noch mit einer leichten Erkältung (Marc hatte eine mittelschwere Männergrippe) starteten wir in Chorugh Richtung Hochgebirge. Leider bemerkte ich nach 10 Kilometer, dass ich meine Kopfhörer in der Unterkunft liegen gelassen habe und musste somit nochmals mit den Minibussen zurück. Danach mussten wir uns etwas sputen, denn es solle eine Straßensperre geben, welche nur zur Mittagspause geöffnet ist. Wir erreichten die Stelle gerade vor 13 Uhr und konnten erfolgreich passieren. Wahrscheinlich nehmen die das mit den Uhrzeiten eh nicht so genau. Das war aber ein Gehetze und das tat unseren Lungen gar nicht gut. Zur Belohnung gab es mal wieder eine gigantische Aussicht. Wir waren umrundet von spitzen kargen Gebirgszügen und fuhren die ganze Zeit einem grün bewachsenem Flusslauf entgegen, der herrlich türkis schimmerte. Wir fanden noch allerlei kleine Shops, in denen das Nötigste gekauft werden konnte und wurden von allen Menschen fröhlich gegrüßt. Von den ganzen Kindern wurden wir begeistert abgeklatscht. Hier im Tal war es wirklich noch sehr grün und wir fanden wohl den schönsten unserer Campingplätze überhaupt mit Privatstrand. Leider sind die Flüsse hier eiskalt, also musste man für die tägliche "Dusche" ein bisschen die Zähne zusammenbeißen.

Je höher wir kamen, umso anstrengender wurde es. Die Straßen waren zwar größtenteils asphaltiert, hatten aber dennoch genug Schlaglöcher zu bieten. Der immer geringer werdende Sauerstoff in der Luft kombiniert mit unserer leichten Rest-Erkältung erschwerte uns den Aufstieg. So waren wir relativ langsam unterwegs und konnten somit aber auch etwas mehr die Gegend bestaunen. Das letzte Stück des ersten Passes am vierten Tag war extrem hart. Die Straße wurde zu Geröll und ziemlich steil. Marc hatte kaum noch Energie, den Pass zu bezwingen, sodass wir viel schieben mussten. Gelegentlich kamen uns LKW-Fahrer entgegen und gaben uns Wasser, Süßigkeiten und Nüsse. Endlich hatten wir es geschafft, aber die Aussicht war an sich nicht besonders schön. Alles war sehr karg. Nur ein einziges Haus mit Hunderten von Ziegen stand dort, wo uns ein süßes Mädchen begrüßte. Wir rollten weiter, jedoch war die Straße voller Schlaglöcher und man konnte nicht immer ausweichen. Marc flog von einem Schlagloch ins nächste, verlor die Kontrolle und stürzte. Er blutete an beiden Händen, was wir aber schnell sehr gut verarzten konnten. Leider ging dabei sein Gepäckträger zu Bruch, den er aber provisorisch reparieren konnte. Das sah zwar alles etwas schräg aus, tat aber seinen Zweck. Danach ging es leicht runter und auch die Straße wurde wieder besser.

Wir hatten uns aufgrund schwindender Vorräte entschieden, bis zum nächsten Dorf nach Ali Chur durchzufahren. Das bedeutete jedoch bis in die Nacht zu fahren. Da mein Licht damals geklaut wurde, hatte ich nur noch meine sehr schlechte Kopflampe und musste somit bei Marc im Lichtkegel fahren, um den Weg und die Schlaglöcher zu erkennen. Es war alles unglaublich dunkel und still um uns, sodass wir die Milchstraße bewundern konnten. Plötzlich dachte ich eine Sternschnuppe zu sehen, jedoch brach der Schweif nicht ab und ich bat Marc zu stoppen und fragte ihn ob er auch diesen riesigen Strich am Himmel sah. Völlig verwundert bestaunten wir das Flugobjekt, welches wir nicht ganz identifizieren konnten. Es bestand aus einzelnen Lichtperlen, die wie aneinander gereiht waren. Das Flugobjekt bewegte sich vertikal nach oben und verblaste dann nach 2 Minuten. Niemand konnte uns erklären was dies war. Aber zum Glück konnte uns das Internet erleuchten. Es waren Elon Musks Satelliten, die kurz nach Abflug aus Kasachstan nah aneinander gereiht diese Abbildung abgeben. Völlig erschöpft erreichten wir ein Gasthaus in Ali Chur, einem Dorf auf einer Hochplateau-Ebene, in der es im Winter bis zu - 40 Grad werden konnte. Hier waren auch andere Reisende und wir bekamen sogar noch eine leckere Suppe mit Brot und Joghurt. Alles selbstgemacht versteht sich. Am Morgen durften wir Zeuge werden, wie die Familie selbst den Joghurt und die Butter rührte. Generell war die Unterkunft sehr traditionell, so durften wir auch deren Frühstück mit probieren: Kräutertee mit Milch und Salz, dazu selbstgemachtes Brot und Butter. Schmeckte ganz in Ordnung, aber das Omelett, dass es für die Gäste gab, war uns lieber. Etwas erholt brachen wir nach Murghab auf, der letzten großen Stadt am Pamir Highways.

Wir legten an diesem Tag wieder über 100 Kilometer auf der Höhe zurück und kamen sichtlich erschöpft mit Kopfschmerzen und Erkältungssymptomen sowie verbrannten Lippen und Nase im Guesthouse an. Dort gab es erstmal wieder eine leckere Graupelsuppe und eine warme Dusche, was hier wirklich eine Seltenheit ist. Hier verbrachten wir dann 2 Tage zum ausruhen und auskurieren. Wir konnten im Containermarkt ein bisschen Gemüse abstauben und deckten uns in der Apotheke mit Medikamenten ein. Zudem hatten wir das Glück einen Schweißer zu finden, welcher Marcs Teile für den Gepäckträger auf seinem Schrottplatz fand und zurecht schnitt. Nach 30 Minuten hatten wir die Ersatzteile und Marc konnte wieder alles reparieren. Im Guesthouse trafen wir wieder tolle Menschen, die den Pamir Highway zu Fuß, mit dem Rad oder Motorrad bewältigen wollten.

Etwas erholt starteten wir dann in den härtesten Teil. In diesen 2 Tagen fuhren wir den höchsten Pass des Pamir Highways, der 4655 Meter hoch war. Leider packten wir es noch nicht am ersten Tag, da Marc wieder die Kopfschmerzen plagte. In der Regel sollte man sich zum Schlafen auf eine niedrige Höhe begeben. Das war hier aber nicht möglich, man befand sich über hunderte Kilometer auf etwa 4000 Meter Höhe. Wir hatten einen ganz netten Schlafplatz und durften dann am Morgen frisch den Pass bezwingen, was auch ganz gut ging. Die Aussicht oben war wirklich atemberaubend und das Wetter spielte auch mit. Aber pünktlich zur Abfahrt schlug uns plötzlich enormer Gegenwind entgegen. Erstmal ließen wir uns davon nicht stören, es sollte ja nur bergab gehen. Leider waren wir aber nach 10 Kilometer schon wieder im Flachen und die Straße wurde extrem schlecht. Es war nur noch eine Schotterpiste mit horizontalen Fahrrillen, die unsere Geschwindigkeit auf unter 10 km/h beschränkte. Wir würden ordentlich durchgeschüttelt und fürchteten um unsere Elektronik, denn der Laptop hatte eh schon einen Knacks weg. Gefühlt nach einer Ewigkeit (20km) hatten wir endlich wieder Asphalt. Nun aber einen so starken Gegenwind, dass wir auch nicht schneller voran kamen. Leider hatten wir nicht genug Wasser dabei, sonst hätten wir an Ort und Stelle aus Erschöpfung gezeltet. Windschutz gab es auch nicht, sodass wir bis an den See Karakul und in das gleichnamige Dorf weiterfuhren und uns dort völlig entkräftet eine Unterkunft nahmen. Diese war sehr einfach, eine Dusche oder Waschmöglichkeit gab es nicht, dafür aber ein europäisches Klo. Also Europäisch, weil einfach nur eine Kloschüssel auf dem Loch stand. Darunter war dennoch eine übelriechende Grube, die natürlich keine Spülung hatte. Zum Glück befinden sich die Toiletten oder Löcher immer weit außerhalb in kleinen Häuschen. Zum Essen wurden uns angebratene Nudeln mit Ketchup serviert. Nicht gerade ein Highlight, aber bei unserem Kaloriendefizit dennoch willkommen. Die Betten wurden sogleich nach dem Essen aufgebaut, es waren wieder die typischen Unterlagen mit dicken Wolldecken. Das war wirklich wunderbar, inzwischen fanden wir fast jedes Bett und jede Matratze bequem. Wenn man so extrem erschöpft ist, könnte man sogar auf einen Kaktus schlafen. (Diesen Spruch hatten wir von unserem Freund David). Obwohl es fließendes Wasser nur aus dem Brunnen gab, wunderten wir uns, wie alles doch recht sauber war. Die dicken Decken und Bezüge rochen immer sehr frisch, im Gegensatz zu uns. Hier oben gab es zwar noch Seen und Bäche, aber bei der Kälte und dem eisigen Wind würde man nach einem Waschgang nicht mehr warm werden.

Nach dem einfachen Frühstück (Brot, Butter und hart gekochte Eier) bezahlten wir unsere 30 Dollar für die Nacht und füllten unsere Wasservorräte an dem Dorfbrunnen auf und fuhren los. Am Morgen war der Wind noch relativ schwach. Jedoch hatten wir wieder einen sehr steilen Anstieg und danach blies uns wieder der verhasste Wind mit brutaler Kraft ins Gesicht. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, wäre ich heute ausgestiegen. Aber es gab hier einfach keine Möglichkeiten, es fuhren uns nur vereinzelt mal ein Touristenjeep entgegen. Wir hatten keine Möglichkeit uns mitnehmen zu lassen. An diesem Tag hatten wir nur 55 Kilometer bis zur Grenze von Tadschikistan, die uns den ganzen Tag kosteten. Wir mussten mindestens 10 Kilometer die Räder schieben, weil der Wind uns einfach von der Straße schob. Die Räder fielen aufgrund des Windes um, was mir den Spiegel kostete. Kurz vor der Grenze ging es nochmal steil hoch und ich konnte nicht mehr. Marc holte dann Unterstützung von einem Soldaten und sie schoben dann zusammen das Rad nach oben. Theoretisch wollten wir noch 20 Kilometer bis zur kirgisischen Grenze fahren, aber wir waren beide durchgefroren, völlig fertig und wollten keinen Meter mehr fahren. Wir fragten die Soldaten ob wir unser Zelt im Windschatten eines Gebäudes aufschlagen könnten. Der Chef dort oben schlug uns jedoch vor, einfach bei ihm zu schlafen. Er hatte dort einen Raum mit 3 Betten, er schlief in der Mitte und wir durften die Betten rechts und links beziehen. Wir waren überaus dankbar. In dem Moment kam noch Matthias, ein deutscher Bikepacker aus der anderen Richtung an und suchte auch ein Platz zum Schlafen. Er fand in den Hochbetten Platz. Ich kochte Spaghetti für uns alle und wir hatten einen richtig netten Abend, bei dem wir die Strapazen des Tages schnell vergessen konnten.


Die Nacht war mit den elektrischen Heizstrahlern mollig warm und nach einem stärkendem Frühstück machten wir uns auf. Es ging ins Niemandsland. Erstmal 2 Kilometer hoch und dann aber 18 Kilometer bergab. Die Landschaft änderte sich hier nochmals enorm, was uns sehr überraschte. Es waren überall Pferde und unglaubliche Weiten mit bunten Bergen. Dann erreichten endlich wir die kirgisische Grenze und durften nach einer kleinen Diskussion passieren. Wir waren unglaublich erleichtert, denn die Grenze war offiziell geschlossen, jedenfalls für die Einheimischen. Die beiden Länder streiten sich nämlich seit längerem um den Grenzverlauf, aber Touristen durften hier passieren, wenn man sich vorher per Email anmeldete. Das hatten wir natürlich gemacht, hörten aber von anderen Touristen, die auch mal bis zu 20 Stunden an der Grenze warten mussten. Danach ging es eigentlich nur noch runter bis nach Sary-Tash, die erste kleine Stadt in Kirgisistan. Überall sahen wir nun weiße Bergketten, vereinzelte Jurten davor und eine Menge an freilaufenden Schafen, Kühen und Pferde. Nachdem wir uns Bargeld am einzigen Automaten im Dorf holten fuhren wir schon gegen 14 Uhr in eine Unterkunft. Dort trafen wir zwei Franzosen, die wir schon aus Duschanbe kannten. Sie gaben uns damals wertvolle Tipps für den Highway und wir konnten somit nochmals alles mit ihnen Revue passieren lassen.

Am nächsten Morgen brachen wir gemeinsam mit ihnen auf, den wir hatten dieselbe Etappe Richtung Osch geplant. Erstmal ging es 15 Kilometer hoch und anschließend von 3000 auf 1000 Meter runter und Marc und ich fuhren im Windschatten wie die Wilden. Wir spürten einen deutlichen Trainingseffekt durch die Höhe und konnten trotz Gegenwind die 115km in einer sehr hohen Geschwindigkeit fahren. Mit den Franzosen hatten wir eine gemeinsame Mittagspause und trennten uns dann am Abend wieder. Nicht weit von der Straße fanden wir einen netten Campingspot am Fluss. Der nächste und damit auch letzte Tag hatte nochmals einen heftigen aber letzten Anstieg. Bis Osch ging es aber dann nur noch runter, wo auch der Pamir Highways endet. Der erste Weg führte uns in ein Fancy Café, wo wir uns Burger, Pommes, Kaffee und Kuchen bestellten bis nichts mehr rein passte. Das tat so gut. Anschließend kauften wir jede Menge Obst und Gemüse, denn danach zehrten unsere Körper sehr.

Der Pamir Highway ist für viele Bikepacker das Nonplusultra. Viele träumen davon seit Jahren, bis sie es verwirklichen. Wir haben uns spontan dazu entschieden, weil wir von der Euphorie im Hostel angesteckt wurden und wählten dabei die einfachste Route. Für uns war es körperlich und mental die größte Herausforderung der Reise. Gerade das raue Klima dort oben, wenig Möglichkeiten an Essen zu kommen und die Höhe machten es wirklich enorm anstrengend. Insgesamt haben wir 13 Tage für 746 Km und fast 8000 Höhenmeter gebraucht. Eine Leistung, auf die wir im Rückblick mächtig stolz sind.

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