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  • AutorenbildMarc

Wenn man schon mal hier ist...

... dann kann man auch mal einen Ironman70.3 machen. Den Gedanken hatte ich etwa Ende November in Chiang Mai. Wir wussten, dass wir wieder nach Thailand fahren würden, da wir in Bangkok unsere 2. Dengue-Impfung bekommen würden. Und Bangsaen lag quasi auf dem Weg. Da ich seit 1,5 Jahren nicht mehr laufen war, besorgte ich mir noch schnell Laufschuhe in einem Adidas Outlet. Das Gute war, dass sich der Körper an frühere Belastungen erinnert und ich ins Laufen schnell wieder rein kam. Das Schlechte war, dass sich nach 2 Wochen die Knie bemerkbar gemacht haben und das Laufen eher mit leichten Schmerzen verbunden war. Ich ließ das Laufen erstmal sein und konzentrierte mich mehr auf das Radfahren, was man ja eh schon gemacht hatte. Nur jetzt baute ich auch mal ein paar Sprints oder Intervalle ein um mal wieder etwas schneller zu werden. "Schnell" war relativ, da man immer noch mit einem 55-Kilo-Rad unterwegs war. Mitte Dezember in Laos spürte ich endlich ein Gefühl der Besserung und wollte wieder mit Laufen anfangen. Doch die schlechten Straßenverhältnisse sorgten für einen Sturz mit dem Rad. Ein Knie tat wieder weh. In dem Moment dachte ich, dass das nix mehr werden würde. Der Ironman kann nicht gut werden, wenn man vorher kaum gelaufen ist. Wieder sind 2 Wochen vergangen und ich fing kurz vor dem Jahreswechsel wieder langsam an. In Kambodscha bin ich viel alleine gefahren, da Juli durch unseren Besuch viel mit dem Bus unterwegs war. So konnte ich auch auf dem Rad ein bisschen mehr trainieren. In Siem Reap bzw. Angkor Wat konnte ich auch endlich mein Lauftraining fortsetzen. Aber die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit war für mich eine neue Herausforderung. Bei längeren Läufen fuhr Juli mit dem Rad nebenher und versorgte mich mit Getränken.

Wenn wir mal an der Küste waren, sprang ich auch mal ins Meer, um ein wenig meine Schwimmfähigkeit zu verbessern. Die Schwimmbrille von Decathlon war hierfür ausreichend. Da ich auch kein Triathlon-Anzug hatte, ließ ich mir eine Hose aus Deutschland mitbringen, die ich dann einfach mit Radtrikot und Laufshirt kombinieren würde. Alles in allem liefen die Vorbereitungen gut und ich freundete mich auch schon mit dem Gedanken an, dass ich mein vorhandenes Reiserad für die 90km nehmen würde. Natürlich ohne Gepäck und überflüssige Anbauteile. "Nackt" würde das Rad aber immer noch 16 Kilo wiegen. Zum Glück wird es eine eher flache Strecke. Für meine Schaltung benötigte ich noch ein Ersatzteil, was es aber in Thailand nicht gab. Also bestellte ich das Teil zu einem Fahrradladen, welcher mir empfohlen wurde. So bin ich bei Thomas gelandet, einem deutschen Triathlet, der in der Nähe von Pattaya ein Fahrradladen betrieb. Er hatte sich auch für den Ironman angemeldet und meinte, ich könne ein Rennrad bei ihm mieten. Ich nutzte die Gelegenheit und konnte das Rad am darauffolgenden Samstag testen. Eine Woche vor dem Wettkampf. Ich freute mich schon, endlich mal wieder auf dem Rennrad zu sitzen. Etwas mehr als 100km war geplant und wegen der Hitze ging es morgens schon um 06:30 los. Die Gruppe bestand zu 80% aus Europäer und Amerikaner und alle waren trotz des hohen Altersdurchschnitts sehr schnell unterwegs. Die ersten paar Kilometer waren noch etwas ungewohnt. Der Wechsel vom 55 Kilo-Stahl-Reiserad auf ein 8 Kilo-Carbon-Rennrad war schon ziemlich krass. Alles war so so leicht. Es fühlte sich fast wie fliegen an. Ich hatte richtig Spaß, konnte richtig Gas geben. Für den Wettkampf bekam das Rad noch ein Triathlon Aufsatz verpasst. Sonntag hatte ich noch einen langen und erfolgreichen Lauf. Meine Form war gut und ich hatte keine Knieschmerzen. Ich war sehr zuversichtlich, dass es ein guter Wettkampf werden würde.

Wir waren eine Woche in einer Privatschule untergebracht, wo ich neben der Arbeit dort (alte Räder reparieren) auch ein bisschen trainieren konnte. 2 Tage vor dem Wettkampf fuhren wir die 12 km nach Bangsaen und checkten in dem Hotel ein, was wir bereits vor 3 Monaten gebucht hatten. Denn es würde hier ganz schön voll werden an dem Wochenende. Ich holte die Startunterlagen am Morgen, am Nachmittag gab es das Briefing, was neben der Expo einfach nur in einer kurzen Endlosschleife auf einer Leinwand lief. Die restlichen Informationen konnte man sich aus der 40-seitigen PDF ziehen.

Ich war langsam etwas aufgeregt. Endlich mal wieder ein Triathlon. Einen halben Ironman unter Palmen. Das Schwimmen bereitete mir etwas Sorgen. Nicht meine beste Disziplin und dazu noch Wellengang und Salzwasser. Da bin ich froh, wenn ich das hinter mir hab. Am Samstag morgen ging ich aber nochmal ins Wasser und schwamm eine lockere kleine Runde. Gegen Mittag traf ich mich mit Thomas, um das Rennrad entgegen zu nehmen. Ich probierte noch kurz den Triathlon Aufsatz aus und klebte meine Startnummer an die Sattelstütze. Danach ging es direkt zum Bike-Check-In. Was diesmal nicht nur bei mir für Verwirrung sorgte, war, dass es keine Wechselbeutel gab. Nur einen Beutel für nach dem Rennen. Eine konkrete Aussage hierzu bekam ich keine, obwohl es sogar in dem PDF-Guide stand, dass es ein Wechselbeutel gibt. Aber so wie es aussah, können wohl alle Sachen am Rad platziert werden. Am Abend gab es wie gewohnt die Pasta Party, oder wie es heute heißt: Carbo Load. War allerdings etwas merkwürdig organisiert. Am Info-Stand hieß es noch, dass Angehörige hierfür ein Ticket erwerben können. Am Einlass wurde dies aber verneint. Aber es gab Coupons für die außenstehenden Food-Trucks. Das Essen da war eher schlecht als recht. Ich konnte mich immerhin an der teilweise kalten Pasta bedienen und brachte auch Juli was mit. Aber wir sind satt geworden und anschließend gab es noch was vom 7-Eleven.


18.02.2024: Ironman70.3 Bangsaen

Um 04:30 ging der Wecker. Da das Hotel kein Frühstück anbot, kauften wir vorher ordentlich Müsli und Obst ein. Auf dem Zimmer hatten wir auch ein Kühlschrank. Nach dem Essen stand das Wichtigste an einem Wettkampftag an. Jeder Triathlet kennt es und möchte es erledigt haben, bevor das Rennen los geht. Leider ließ der erhoffte Stuhlgang auf sich warten und erinnerte mich erst wieder in der Wechselzone daran. Und wie immer standen zu wenig Dixis in der Wechselzone. Aber kein Problem, es war ja noch genug Zeit. Ein letzter Check am Rad und am Equipment. Nun konnte es los gehen. Den Kleiderbeutel für nach dem Rennen abgegeben, ging es Richtung Schwimmstart.

Es war noch leicht dunkel, als die ersten Athleten um 06:35 ins Wasser gingen. Danach gingen alle paar Sekunden 4 weitere Athleten ins Wasser. Für mich dauerte es noch eine Weile, da ich mit meiner blauen Badekappe im dritten Startblock war. Etwa 15 min später war es auch für mich soweit. Nach dem Pfeifton ging es den Strand hinunter in die kleinen Wellen. Man möchte annehmen, dass durch den Rolling-Start kein Gedrängel oder Stau entsteht. Aber nach nur wenigen Metern wurde ich wie alle anderen ausgebremst. Man schwamm quasi auf den Vordermann drauf und musste sich ab und zu durch den Wellengang am Seil festhalten, was die Strecke markierte. Hinzu kam, dass sich viele mit Brustschwimmen fortbewegten und man daher kaum vorbeischwimmen konnte. Etwa nach 700m hatte sich das ganze soweit aufgelöst, dass man den Rest entspannt durchschwimmen konnte. Nach 44:36 min kam ich aus dem Wasser und lief zum Rad, was in der Mitte der langen Wechselzone stand. Ich war zufrieden, denn das Schlimmste hatte ich hinter mir und nun kam das Beste. Füße getrocknet, Helm und Brille auf, Radtrikot an. Und ich war wahrscheinlich der Einzige, der Schnürsenkel an seinen Radschuhe hatte. Nun ging es voller Freude auf die Radstrecke.

Anfangs war es noch recht voll auf der Radstrecke. Es ist kein Rundkurs, sondern hat gleich 2 Wendepunkte. Der erste kam schon nach 22km und die ersten Radfahrer kamen schon entgegen. Da sah ich schon den ersten Unfall. Am Straßenrand lag ein Vorderrad. Daran befestigt waren auf beiden Seiten noch ein Stück von der abgerissenen Carbon-Gabel. Der Rest des Rades lag etwa 10 Meter weiter. Fahrer schien soweit unversehrt. Die Straße vor dem ersten Wendepunkt war relativ schmal und die Athleten versuchten auf 3 Spuren zu überholen und kamen dem Gegenverkehr gefährlich nahe. Ich dachte nur "mein Gott, die Asiaten fahren wie die Irren." Kurz vor dem Wendepunkt kam ein Hügel. Mit guter Geschwindigkeit gerade über dem Hügel drüber kam mit einer schlingernd entgegen, weil er im zu hohen Gang den Hügel hoch wollte. Er fuhr auf meine Straßenseite und mir direkt vors Rad, riss aber den Lenker im letzten Moment noch rum und verfehlte mich nur sehr knapp. Da hätte es fast gekracht und das Rennen wäre wahrscheinlich vorbei gewesen. Das war ein Schock und der hielt eine Weile an.


Nach 30km lockerte es sich alles langsam auf und die Straße wurde wieder breiter. Gelegentlich hockte mal wieder einer am Rand und versuchte sein Reifen zu flicken oder es kam der Schaum aus den Tubelessreifen. Dann kam der nächste Schock. Eine kleine Menschenansammlung stand in der Mitte der Straße. Im Vorbeifahren sah ich einen Athleten auf der Straße liegen. Der Helm lag daneben, überall am Körper, Kopf und auf der Straße war Blut zu sehen. Aber er hatte sich noch bewegt. Das Rad lag zerstört am Straßenrand. Da fragt man sich, wie sowas passieren kann, wo doch so viel Platz auf der Straße ist. Meine Achtsamkeit wurde maximiert. Ich drehte mich auch ständig um, weil ich Sorge hatte, dass irgendwer in mich rein fährt. Ich vermisste meinen kleinen Spiegel an der Brille. Nach etwa 50km der 2. Wendepunkt. Ich war auf dem Rückweg. Ich war für meine Verhältnisse sehr schnell unterwegs. Ich bekam ein Grinsen im Gesicht, was von anderen Athleten unterwegs erwidert wurde. Wahrscheinlich wird das sogar meine beste Zeit auf dem Rad. Auf den letzten Kilometern konnte man nochmal richtig Gas geben, da es leicht bergab ging. Ich beschloss kurzfristig meine Schuhe schon auf dem Rad zu öffnen und hinaus zu schlüpfen. Trotz Schnürsenkel klappte das super. So ging ich mit einer Radzeit von 2:39 Std in die Wechselzone.


Noch immer ein Grinsen im Gesicht. Ich beschloss kurzfristig wegen der Sonne mein Radtrikot an zu lassen und ging hochmotiviert auf die Laufstrecke. Nach nur wenigen Metern ist mir das Grinsen vergangen. Ein stechender Schmerz im linken Knie. Das kann doch jetzt nicht sein. Ich joggte langsam weiter bis zum ersten kleinen Berg. Da hatte ich den ersten kleinen Spaziergang genauso wie am ersten Verpflegungspunkt. Da ging ich im klimatisierten Toiletten-Truck erstmal aufs Klo. Wieder raus ist das Knie direkt besser und ich lief weiter. Ich fühlte mich sonst richtig gut und wollte einfach nur Gas geben. Nach einer Weile meldete sich wieder das Knie und ich ging wieder spazieren. Gerade da, wo es bergauf ging. Es ging über den Affenhügel und hier saßen auf der Straße tatsächlich viele Affen rum. Die haben sich überhaupt nicht für die Läufer interessiert. Auch wenn man direkt an ihnen vorbei gelaufen ist. Einige Läufer nahmen was von den Verpflegungspunkten mit und teilten es mit den Affen. Hatten scheinbar genug Zeit dafür.

Die extreme Hitze war heute nicht mein Problem. Überall gab es kaltes Wasser und eine Dusche aus einem Feuerwehrwagen. Eine leichte Küstenbrise kühlte den nassen Körper angenehm runter. Ich hatte sehr mit meinem Knie zu kämpfen und ärgerte mich extrem, dass ich deshalb nicht vorwärts kam. Ich musste quasi Intervalle laufen. Laufen, bis die Schmerzen unerträglich waren und wieder gehen, bis ich wieder laufen konnte. So zog sich sich der Lauf bis zum Ende hin und ich erreichte nach 2:29 Std den roten Teppich. Ich hätte eine Deutschlandflagge schnappen können und voller Freude durchs Ziel laufen können. Doch ich humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht nur noch ins Ziel. Erleichtert beendete ich das Rennen mit einer zeit von 5:49 Std.

Ich setzte mich im Zielbereich kurz hin und spürte, wie der Schmerz nachließ. Ich ließ von mir die kleine Fuß-Fessel abnehmen und holte mein Finisher-Shirt sowie die zu groß geratenen Medaille ab. Juli wartete schon auf mich. Ich gab ihr das Shirt, die Medaille und suchte den Massagebereich auf. Es war schön mal wieder ein Triathlon zu machen. Leider lief es nicht so wie ich es erwartet hatte. Aber alles in allem war es mal eine nette Abwechslung zu dem üblichen Weltreise Alltag.













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