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Ägypten, es lebe das Chaos

12.01.2023

Die Airline Wizzair kann man nur empfehlen. Obwohl unsere Radkartons ziemlich Übergewicht hatten (anstelle von 32 hatten sie 38kg pro Karton) durften wir ohne Zusatzgebühr einchecken. In Alexandria gelandet ging wieder das übliche Prozedere los: Am Gepäckband stehen und hoffen, dass die Kartons mit den Fahrrädern sicher und heile ankommen, Kartons aufschneiden, Fahrräder zusammenbauen und die Sachen wieder richtig einsortieren. Leider hatten wir uns etwas verkalkuliert und nicht gesehen, dass es zwei Flughafen gab. Unser lag 45km außerhalb.

Wir nutzten wie immer Komoot um eine Route zu unserem Hotel zu erstellen. Wir freuten uns, dass es laut Komoot nur über asphaltierte Straßen geben sollte und nicht über eine Schotterpiste. Naja, nach ca. 3 km landeten wir auf den sandigen und teils matschigen Wegen in einem Dorf und durften entlang eines Nil-Ausläufers fahren. Gut dass wir schon in nordafrikanischen Ländern waren, sonst hätte wir den absoluten Kulturschock bekommen. Natürlich alles zugemüllt, Ziegen, Esel, Ochsen direkt auf der Straße. Dafür aber überaus freundliche Menschen, die uns grüßten und uns um Selfies baten. Kinder, die uns hinterher liefen und tausende hupende Tuk-Tuks, Roller, Lastwagen und Autos.


Hier scheinen auch andere Regeln im Straßenverkehr zu gelten - nämlich gar keine! Hier gewinnt der, der am längsten und lautesten hupen kann. Die Autos waren entweder beleuchtet wie eine Disko oder einfach gar nicht.

Auf den Müllbergen in den Straßen tummelten sich so viele Straßenhunde und Katzen wie wir sie noch nicht gesehen haben. Immer wieder Einbahnstraßen oder Sackgassen, weswegen man immer Zick-Zack fahren musste und so viel Verkehr, dass man kaum voran kam. Es wurde dunkel, fing an zu regnen und aus den 45 Kilometern wurden qualvolle 50. Zudem kam es wegen den superschlechten Straßen auch noch zum Sturz von Marc. Nichts weiter passiert, aber Schaltung und Kette war völlig verstellt / verkantet und musste im Regen erstmal provisorisch repariert werden. Völlig genervt, verschlammt und müde erreichten wir unser Hotel für die nächsten Tage, von welchem wir sogar das Meer sehen konnten.


Eigentlich hatten wir vor, nur einen Tag in Alexandria zu bleiben. Aber es regnete ziemlich viel, Marc musste seine Schaltung reparieren und die Räder mussten auch wieder vom Schlamm befreit werden. Also ließen wir uns etwas treiben, machten eine Stadtrundfahrt mit den Rädern, besuchten die Bibliothek von Alexandria und entdeckten die leckere ägyptische Küche. Marc ließ hier auch sein Fahrradständer reparieren, der in Italien schon das zweite mal unter dem Gewicht eingeknickt war. Eine dicke Metallplatte sollte hier Abhilfe schaffen. Der Handwerker leistete gute Arbeit und gab uns noch die Kontaktdaten von seinem Kumpel Ali. Der ist selbst Radfahrer und kennt sich mit den sicheren und unsicheren Straßen aus. So wichen von unserem ursprünglichen Plan ab die Küste entlang zu fahren und nahmen am nächsten Tag die Cairo-Alexandria-Desert-Road nach Kairo.


15.01.2023

Eine 8-Spurige Autobahn, welche auch noch nach PKW und LKW unterteilt war. Wir wählten die 4-spurige PKW Seite da wir hier viel Platz und eine ganze Spur für uns alleine hatten. Dort entdeckten wir gegen Mittag eine Babykatze, die da völlig verwahrlost nach ihrer Mama schrie. Wir konnten sie dort nicht zurück lassen, es wäre ihr sicherer Tot gewesen. Daher packten wir sie ein und suchten schnellstens ein Restaurant für etwas Fleisch, um sie (und uns) zu füttern. Auf arabisch essen zu bestellen, ist wirklich schwierig. Chicken wurde verstanden und keine 5 Minuten später füllte sich unser Tisch mit ca. 10 verschiedenen Salaten, Cremes, Bohnen, Suppen, Reis, Nudeln und zwei halbe Hähnchen. Davon würden auf alle Fälle 5 Leute satt werden. Das Kätzchen bekam anschließend ihr Futter und war erstmal zufrieden. Wir düsten weiter und fanden kurz darauf eine Orangenplantage, wo wir direkt den Herrn, der die Plantage bewacht, fanden und ihn fragten ob wir unser Zelt aufbauen durften. Wir hofften auf einen Platz in der Plantage aber es bot uns einen Platz direkt an seiner Hütte, leider sehr nahe der Straße an. Die Nacht war sehr laut, das Kätzchen machte mir auch Sorgen. Sie war sehr verstört, saß meist nur in einer Ecke und wenn sie lief, dann sehr wackelig und humpelnd. Aber am nächsten Morgen hat uns der Herr angeboten, die Katze bei ihm zu lassen. Er hatte schon eine Katze und wir waren uns sicher, dass sie dort gut aufgehoben war.


16.01.2023

Wir hatten noch 140km bis nach Gizeh, die wir aber an zwei Tagen fahrenwollten. Wir kamen nicht so schnell voran, aßen an einer Tankstelle zu Frühstück und gegen 13 Uhr machten wir Mittagspause in einem Restaurant. Der Tisch füllte sich wie immer mit allerhand Leckereien und war großartig. Mit den Kellern durften wir auch etliche Selfies machen. Zuletzt fragten wir ob wir das Brot mitnehmen dürfen und uns wurde die dreifache Menge eingepackt. Wer das alles essen sollte, war uns unklar, aber es war sehr lieb gemeint. Danach kam der Restaurantbesitzer und wir unterhielten uns mit dem Übersetzer etwas stockend. Wir machten wieder etliche Bilder und Videos und wurden im Gegenzug zum Essen von ihm eingeladen. Er bat uns als Dankeschön, dass wir auf den sozialen Medien etwas Werbung für ihn machen, was wir sehr gerne taten. Jedoch kamen dann immer mehr Fragen: Er wollte nach Deutschland, fragte uns mit welchen Berufen man dort viel Geld verdienen kann und ob wir ihm helfen können etwas zu finden. Unter anderem auch eine Frau. Irgendwann wussten wir uns kaum noch zu helfen und mussten freundlich und dankend die Flucht ergreifen. Mit der Sonnendämmerung suchten wir einen Übernachtungsplatz in einer verlassenen Plantage. Wir fanden eine perfekte Hütte, wo nicht mal ein Zelt aufgebaut werden musste. Die Hütte war leer und man konnte sogar die Türen abschließen. Es schien perfekt. Wir machten es uns gerade gemütlich, als ein Mann auf einem Esel vorbei kam. Er wollte Schweigegeld von uns und erbat auch Essen und Trinken, was wir ihm gaben. Wir hofften, dass wir dann Ruhe hätten. Jedoch kam er später wieder zurück und wollte noch mehr Geld. Er macht uns Feuer und bat Marc, Holz zu holen. Währenddessen packte er meine Hand und machte Kussgesten und kam mir mit dem Gesicht sehr nahe. Schnell sprang ich aus der Hütte und rief Marc. Er ließ dann von mir ab, aber das war dann doch zu viel. Weiter darauf einzugehen war schwierig, da wir uns schlecht verständigen konnten. Er merkte dann, dass die Stimmung nicht so gut war, und wir signalisierten ihm, dass wir nun schlafen gehen wollten. Da zischte er ab, wir aßen ein paar Nüsse und überlegten, ob wir es wagen konnten zu bleiben bzw. was die Alternative wäre. Wir nahmen Kontakt zu unserem Bekannten Ali aus Alexandria auf. Er machte sich große Sorgen und meinte, wir sollen sofort weg. Währenddessen löste sich bei Marc die Krone auf seinem Schneidezahn. Die muss wohl beim letzten Essen gebrochen sein. Ganz nach dem Motto, ein Unglück kommt selten allein. Wir packten unsere Sachen hektisch zusammen (einschließlich der Zahnkrone) und gingen wieder auf die Autobahn. Obwohl es mir wirklich graute, überredete Marc mich, die 50km im Dunkeln bis nach Gizeh zu unserer Unterkunft zu fahren. Er wollte schnell zu einem Zahnarzt und gleichzeitig gab es in unserer Umgebung nur extrem teure Hotels, die wir uns nicht leisten konnten. Völlig fertig mit der Welt erreichten wir gegen 23 Uhr unsere Unterkunft und hatten über 140km auf dem Tacho. Aber die Gastgeber unserer Unterkunft, ein älteres ägyptisches Ehepaar, nahmen uns so herzlich auf und servierten uns erstmal Tee und anschließend fielen wir nur noch totmüde ins Bett.

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