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Geselliges Griechenland

Endlich wieder europäische Luft schnuppern, wir wollten unbedingt noch einen Schlenker nach Griechenland machen, da Marc noch eine Freundin besuchen wollte und wir nur Gutes über das Land für Bikepacking gehört hatten. Leider gab es keine Fähren mehr zwischen Zypern und Israel, wie es früher mal der Fall war. Daher ergab sich für uns nur die Möglichkeit zu fliegen, was wir eigentlich nicht mehr wollten. Aber wenn wir uns schon in den sauren Apfel beißen mussten und uns den Umstand machten, flogen wir direkt nach Athen um etwas Zeit zu sparen. Der Flug lief reibungslos und gegen 23 Uhr erreichten wir europäischen Boden. In diesen Momenten sind wir immer leicht angespannt: "Sind die Räder auch wirklich mitgekommen und unversehrt?" Aber unsere Räder warteten bereits brav neben dem Gepäckband und der Karton war unbeschädigt.

Wir suchten uns einen Platz, wo wir im Flughafen nächtigen konnten, da wir nicht nachts um 2 Uhr nach Aufbau der Räder in ein überteuertes Hotel fahren wollten und schliefen daher versteckt unter einer Rolltreppe. Am frühen Morgen steuerten wir als erstes einen Bäcker an, und wir waren überrascht: Fantastischer Café mit superleckeren Sandwiches wie beim deutschen Bäcker. An diesem Tag war mal wieder ein Marathon in Athen und die Straßen dadurch gesperrt und konnten so ganz entspannt durch die Stadt radeln - mit Marathon - Party - Musik inklusive. Das Highlight von Athen - das Akropolis wurde direkt als erstes angesteuert. Die Räder wurden angebunden und mit den Touristenmassen schoben wir uns den Berg hoch. Die Aussicht war natürlich atemberaubend, das Wetter genial und das Akropolis war fast so, wie man es sich vorstellt. Allergings sind noch immer Bauarbeiten im Gange, die wohl den Ursprungszustand widerherstellen sollen und anscheinend nie enden wollen. Anschließend rollten wir noch die vollgestopften, aber zugleich niedlichen Einkaufsgassen entlang und genossen das Flair des schönen Viertels. Zudem waren wir bei einem Fahrradladen, denn Marc wollte neue Ketten, da unsere bald mal ersetzt werden mussten. Für mich gab es für 1 Euro eine neue Schaltzughülle, da diese durch den Flug beschädigt wurde. Am Abend ging es nur noch in die Unterkunft und wir ließen es uns noch in einem angesagten Hipster Restaurant mit außergewöhnlichen Spezialitäten gut gehen. Glücklich ergatterten wir den letzten freien Tisch, denn was uns direkt auffiel: die Griechen scheinen sehr gesellig zu sein, so viele Restaurants, Tavernen und Cafés auf engstem Raum haben wir bis jetzt noch nicht gesehen.

Die nächsten 6 Tage hatten es in sich: 550km bis nach Thessaloniki, da wir von dort aus die Fähre nach Limnos nehmen wollten und diese nicht jeden Tag fuhr. Zudem bekamen wir Besuch aus Deutschland und wollten dann wieder ohne Stress in Thessaloniki sein und ihn in Empfang nehmen. Am Montag mussten wir erstmal einkaufen und hatten die Strecke mit den meisten Höhenmeter. Kurz bevor wir die Vororte von Athen verließen, wurden wir von einem Radfahrer angesprochen. Er raunte uns Highlights auf der Strecke zu und meinte, dass unsere Route wohl nicht die beste Wahl sei und hatte Zweifel, ob ie überhaupt möglich sei. Da wir nicht genau verstanden was er meinte und wir nicht die Zeit für einen großen Umweg hatten, lehnten wir die gut gemeinten Ratschläge mit einem Achselzucken ab. Er bot uns noch einen Kaffee an, da er in der Nähe wohnte, welchen wir gerne annahmen. Es gab nicht nur Kaffee für uns, sondern auch viele andere griechische Leckereien von seiner Mutter. Süße und salzige Blätterteigtaschen sowie Gries Kuchen. Zudem gab er uns noch so viel mit, dass wir abends gar nicht mehr kochen mussten. Die Begegnung war ein wenig seltsam, er hatte eigentlich gar keine Zeit, weil er wieder zur Arbeit musste, tat in der kurzen Zeit aber alles um uns bestens zu versorgen. Danach ging es bergauf, aber es war eine recht angenehme Steigung - sowas kannten wir kaum noch. Oben angekommen, trafen wir zwei weitere Bikepacker: einen Schweizer und Polen. Mit letzterem fuhren wir gemeinsam weiter bis zu unserem Nachtlager. Die Abfahrten und Aussichten waren wunderschön, endlich wieder grüne Weiden und in der Ferne Bergspitzen mit Schnee.

Am Morgen machten wir uns wieder zu zweit richtig früh auf, wir wollten einem Gewitter entkommen bzw. so viel Strecke wie möglich machen, bis es gewitterte. Auf dem Weg lag ein wunderschöner See, den wir uns nicht entgehen lassen wollten. Wir fuhren durch ein Dorf und bogen auf eine Seitenstraße ab, als uns aus dem Auto von hinten plötzlich jemand etwas zurief. Sofort kam der Beifahrer rausgesprungen und zeigte mir seiner Hand, dass wir diese Straße nicht fahren sollen. Dort wohnten die "Gipsys" und wir würden nicht mehr heil rauskommen. Keiner fährt da durch. Völlig irritiert standen wir da. Er verabschiedete sich höflich, nachdem er uns noch den Weg erklärte, was natürlich ein Umweg für uns bedeutete. Marc wollte den Ratschlag erst einfach abtun, aber da rief uns schon wieder eine zweite Gruppe von Anwohnern und zeigten ein Nein mit den Fingern. Also nahmen wir den Umweg zähneknirschend in Kauf. Wir erreichten endlich den See. Er war wirklich wunderschön, fast menschenleer bis auf ein einsames Auto. Der Fahrer warnte uns, dass es hier nicht weitergehen würde. Wie immer etwas stur, ignorierten wir den Hinweis (es gab auch keine Alternative) und fuhren weiter mit der Hoffnung, dass wir die paar Meter ohne Weg unser Rad zur Not durch Büsche schieben konnten. Leider ging das nicht, denn es war ein so steiler Abhang, den man eventuell ohne Räder hätte bewerkstelligen können, aber wir sahen uns gezwungen einen anderen Weg zu wählen. Direkt daneben lief die Autobahn, jedoch trennte uns eine 2 Meter Höhe Betonwand. Somit mussten wir 3km wieder zurück und sind dann mit Rückenwind (und illegal) die Autobahn entlang gedüst. Durch das angekündigte Gewitter ließen wir die Mittagspause ausfallen bzw. verschoben sie auf 15.30 Uhr, als wir nämlich erleichtert verstellen, dass es nur leicht zu nieseln schien und der Wolkenbruch uns verschonen wollte. Nach einem leckeren griechischem Essen im Restaurant düsten wir weiter. Marc überredete mich, an diesem Tag insgesamt 133km zurückzulegen, da dort das nächste Highlight mit natürlichen heißen Quellen lockte. Und somit quälten wir uns bis in die Nacht - vorbei an wunderschönen Fischerdörfchen und einsamen Buchten. Aber als wir dann ankamen, waren wir doch überglücklich. Schnell war das Zelt aufgebaut und wir hüpften in das warme Wasser (ca. 40°c oder mehr) - einfach nur eine Wohltat für den ganzen Körper.

An den nächsten 4 Tagen passierte nicht mehr allzu viel. Wir fuhren sehr viel auf einer langweiliger Nebenstraße der Autobahn, wo man ziemlich gut voran kam.

Es war hier deutlich feuchter als auf der arabischen Seite des Mittelmeers, denn bis ca. 12 Uhr hing meistens alles voller Nebel und dementsprechend waren auch unsere Klamotten immer leicht klamm. Durch den Nebel sahen wir an einem Tag einen tollen Berg, der nur die weiße Spitze durch den Nebel blicken ließ. Später realisierten wir erst (durch den schlauen Hinweis meiner Mutter), dass es der allzu bekannte Olymp (höchste Berg Griechenlands) war. Wir fanden immer tolle Campingplätze und hatten am letzten Abend vor Thessaloniki eine Unterkunft. Ganz gemütlich frühstückten wir am Morgen und hatten nur noch 50 km bis Thessaloniki. Leider jedoch nur für Autofahrer auf der Autobahn. Für Radfahrer wurde uns eine Strecke mit 80 km angezeigt, denn es war ein Fluss zu überqueren und dieser war nur über die Autobahnbrücke passierbar. Diesen Umweg wollten wir nicht in Kauf nehmen und riskierten es, wurden jedoch an der Mautstelle wie vermutet gestoppt. Lange haben wir mit dem Sicherheitsmann diskutiert, der meinte, dass er uns hier nicht fahren lassen darf und uns nur die Option des Umwegs blieb. Nachdem wir uns verständlich, aber auch frustriert zeigten, meinte er nach ca. 5 Minuten, dass er kein Polizist ist, der uns etwas verbieten kann. Wir könnten ja überlegen, ob wir das Risiko auf eigene Verantwortung eingehen wollten. Da gab es für uns nichts zu überlegen, und schon wies ich Marc an schnell aufs Rad zu steigen und in die Eisen zu treten. Dankend verabschiedeten wir uns bei dem netten Herrn und absolvierten die 5km auf der kaum befahrenen Autobahn. Heute war nämlich der Unabhängigkeitstag von Griechenland (1821 erreichten die Griechen wieder ihre Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich) und gefühlt saßen alle Griechen in Cafés und Restaurant auf dem Marktplatz in wirklich schicker Festtagskleidung. So durchquerten wir noch ein paar feierliche Dörfer bis wir den Hafen und das Industriegebiet Thessalonikis erreichten. Alles war wie ausgestorben, viel Industrie und zerfallene Gebäude. Aber je näher wir dem Stadtkern kamen, umso lebhafter wurde alles. Wir waren erschöpft und gönnten uns erstmal eine Bause zwischen all dem Trubel. Um uns wurde gesungen, getanzt, vor dem weißen Turm posiert und alle flanierten die Promenade entlang. Die Griechen scheinen wirklich ein geselliges Völkchen zu sein. Zudem sind sie superfreundlich, aber im Gegensatz zu den Arabern nicht aufdringlich beim Hilfeanbieten. Wir fühlen uns hier super wohl und trauten uns auch mal weiter entfernt voneinander zu fahren, in den arabischen Ländern hatte ich ohne Marc manchmal ein komisches Bauchgefühl. Das war hier alles wie weggeblasen. Am Abend um 23.59 nahmen wir die Fähre und vertrieben uns bis dahin die Zeit, etwas durch Thessalonikis süßen Gassen zu schlendern.

Morgens um 7 Uhr erreichten wir dann die Insel Limnos. Marc war hier schon zweimal im Urlaub und wollte eine alte Bekannte treffen, in deren Apartments er zuvor immer einquartiert war. Jedoch öffneten diese erst im Juni, aber wir durften dort im Garten unser Zelt aufschlagen und hatten somit Strom und Wasser inklusive. Wir richteten es uns sehr gemütlich ein, da wir hier 3 Nächte blieben. Der Strand war keine Minute entfernt, aber sonst gab es hier nicht viel. Das leere Hotel mit zwei Gebäuden, und im Ort noch 1 Restaurant sowie 3 andere Häuser - hier sagen sich wirklich Hase und Fuchs Gute Nacht. Wir konnten uns etwas sonnen, die Räder pflegen, kochen und Blogbeiträge schreiben. Außerdem machten wir noch eine schöne kleine Radtour durch die kleinen Dörfer hin zu einem alten verlassenen Hotelkomplex, welches nur 2 Jahre in Takt gewesen ist und zu dieser Zeit zu den größten Hotels Europas gezählt hat. Jetzt ist alles zerfallen und geplündert, es scheint als ob es noch ab und an von Obdachlosen heimgesucht wird. In der letzten Nacht hatten wir einen extremen Sturm, der uns sogar die Zeltnägel aus dem Boden gerissen hat. Aber wir haben die Nacht überlebt und sind am letzten Tag auf Limnos noch über die Insel gefahren bis zur Hauptstadt Myrina. Dort wurde erstmal Mittaggegessen und anschließend Wäsche im Waschsalon gewaschen. Das Wetter war wunderbar, sodass wir während der Wäsche gemütlich einen Kaffee in der Sonne genießen konnten. Danach suchten wir uns im Wäldchen neben der Stadt einen Campingspot für die letzte Nacht. Es war auf dem Berg, wo die Kapelle stand und von dort aus hatten wir auch einen super Blick über den ganzen Hafen und konnten somit auch die Fähre am frühen Morgen nicht verpassen. Am Abend trafen wir uns noch mit Efi, Marcs alter Bekannten. Wir waren in einem Restaurant verabredet und sie kam mit Kind und Mann. Die beiden waren etwas gestresst, weil sie in 2 Monaten ihre Hochzeit mit über 300 Gästen feierten. Wir hatten einen netten Abend und waren auch mal wieder froh über etwas Austausch mit Einheimischen.


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