Bikepacking Fail auf dem Sinai
30.01. - 10.02.23
Bikepacking auf der Sinai Halbinsel ist scheinbar unmöglich - das haben wir nun auch durch andere Bikepacker erfahren. Aber das wussten wir zuvor noch nicht. Hinzu kommt, dass uns die Strecke von einem Ägypter empfohlen wurde.
Wir machten uns in Kairo sehr früh auf den Weg und nahmen einen Bus nach Suez. Zufrieden und voller Kraft packten wir die Räder zusammen und luden das Gepäck auf: endlich wieder Radfahren war die Devise. Und heute sogar 90 km. In Suez angekommen, radelten wir direkt zur Fähre, wo wir leider vom Militär abgewiesen wurden.
So mussten wir 10 km weiter nördlich den Ahmed Hamdy Tunnel nehmen. Dort war ein großer Militärcheckpoint, welcher uns die Weiterfahrt verweigerte. Man benötige eine Sondergenehmigung aus Kairo. Davon hatten wir noch nichts gehört. Nach ca. 15 Minuten wurde ein Minibus gestoppt, der uns dann für 20 Euro rüberbringen sollte. Da wir keine andere Möglichkeit sahen, luden wir die Räder notgedrungen aufs Dach und nach vielen Diskussionen am 2. Sicherheitscheckpoint ging es dann endlich durch den Tunnel. Ein komisches Gefühl, denn wir haben nicht nur den Kanal überquert, sondern auch die Schnittstelle der Kontinente Afrika und Asien. Zudem waren wir nur etwa 250 km vom Gazastreifen entfernt. Erleichtert ging es auf der anderen Seite mit dem Rad weiter. Aber das Glück hielt nur 2 km, bis wir erneut von der Polizei gestoppt wurden.
Wir mussten dem Polizeiauto folgen, jedoch ging es nicht Richtung Süden, wo wir hinwollten, sondern in den Norden. Wir verstanden es absolut nicht, weil der Norden viel gefährlicher sein sollte, als der Süden der Sinai Halbinsel. Plötzlich kam ein zweiter Polizeiwagen und lud uns samt Räder ein. Völlig verzweifelt stellten wir fest, dass wir durch ein anderen Tunnel wieder zurück auf die andere Seite des Kanals gebracht wurden. Uns blieb nichts anderes übrig, als im Wagen zu sitzen, während Polizei und Militär augenscheinlich darüber diskutierten, was sie mit uns machen sollen. Nach einer Stunde teilte man uns mit, dass es weiter geht. Wir durften wieder rüber, diesmal kostenlos. So haben wir den Suez-Kanal 3 mal überquert, ohne ihn gesehen zu haben, da es jedes mal durch einen Tunnel ging. Der Polizeiwagen hielt aber nicht nach dem Kanal, sondern ca. 40 km an einem weiteren Checkpoint. Dort warteten wir wieder gespannt, aber die Weiterfahrt mit dem Rad wurde uns verwehrt. Wir mussten in den nächsten Reisebus steigen, und da wir wohl keine Erlaubnis hatten die gesamte Strecke mit dem Radfahren fahren, entschieden wir uns den Bus direkt nach Sharm El Sheikh zu nehmen. Leider mussten wir somit eine Unterkunft umsonst bezahlen.
Sharm El Sheikh
Wahrscheinlich kennen viele von euch diesen Ort. Es ist ein beliebter Urlaubsort für Touristen. Relativ billig kann man hier einen tollen All-inclusive Urlaub verbringen. Wir hatten hier annähernd einen Kulturschock. Alles war so friedlich, so schön und ordentlich, kein Müll und keine hupenden Autos. Die ägyptischen Behörden versuchen hier wohl alles, um die Scheinwelt des unbeschwerten Tourismus aufrecht zu erhalten. Die Stadt ist weiträumig mit einer Betonmauer abgeriegelt, mit Panzern und schwerstem Geschütz bewacht. Im Inneren befindet sich dann das friedliche Tourismus-Paradies. Es könnte überall auf der Welt sein. Wir genossen hier die Ruhe nach Kairo und hatten auch für wenig Geld eine tolle ruhige Unterkunft. Wir gingen am 1. Tag an den Strand und lagen wie die Sardinen mit den anderen Touristen aufgereiht am Strand. Am darauffolgenden Tag brachen wir nach dem Frühstück zum Ras-Mohamed Nationpark auf. Wir wollten ein bisschen wandern und schnorcheln. Jedoch blies uns schon die 12 km bis zum Eingang des Parks enorm der Wind entgegen. Nach einer Stunde waren wir da, kauften die Eintrittstickets und bemerkten, dass ein Tag für den wunderschönen und riesigen Park gar nicht ausreicht. Bis zur letzten Bucht waren es noch 20 km und um 16 Uhr mussten wir das Gelände wieder verlassen haben. Als Camper wäre allerdings eine Nacht möglich gewesen. Wir bereuten direkt, nur einen Tagesausflug hierher gemacht zu haben. Aber wie sich später herausstellte waren wir Gott froh, dass wir ein warmes Zuhause hatten für die Nacht. Es wurde nämlich immer windiger und dadurch wurden die 20 km bis zur Bucht zur Qual. Dort angekommen hatten wir eigentlich den schönsten verlassenen Strand mit einem wunderschönen Korallenriff direkt vor der Nase, aber es war durch den Wind sehr kalt und unangenehm. Zudem fehlte uns die Zeit eine lange Pause einzulegen. Daher sprangen wir kurz ins Wasser und machten unsere Mittagspause hinter einem windgeschützten Felsen. Der Wind hatte ein wenig gedreht, sodass wir auch auf dem Rückweg teilweise frontalen Gegenwind hatten. Die kleine Radtour wurde hier zur Tortur. Sand peitschte uns ins Gesicht. Langsam aber sicher kamen wir abends völlig erschöpft in unserer Unterkunft an und freuten uns auf eine Dusche und unser warmes Bett.

Buspacking Sharm El Sheikh - Dahab
Die nächstgelegene Stadt Dahab lag so ziemlich genau 100 km weiter nördlich. Es gab nur eine Straße. Früh morgens machten wir uns auf dem Weg. Die Polizei erklärte uns die Tage zuvor, dass es ab Sharm El Sheikh kein Problem sei, mit dem Fahrrad weiterzureisen. Aber wir planten Verzögerungen am Checkpoint schon mal ein. Wir hatten mal wieder absoluten Gegenwind und erreichten den Checkpoint nahe des Flughafens um Sharm El Seikh zu verlassen.

Hier wieder die Kontrolle: Passports werden durch unzählige Hände gereicht und man will wissen wohin wir auf den Weg sind und warum. Dann kam die Aussage, dass wir zu unserer Sicherheit Polizeischutz bekommen würden. Wir warten wieder ca. eine halbe Stunde. Danach wird uns mitgeteilt, dass wir mit einem Bus nach Dahab fahren sollen. Immerhin mussten wir nichts machen und durften für 3 Euro in einen leeren Touristenbus mit den Rädern einsteigen. Als wir den Checkpoint in Dahab erreichten, fragten wir die Beamten, ob wir zumindest die letzten 5 km ins Örtchen mit dem Rad zurücklegen dürfen. Aber nicht mal das kurze Stück durften wir fahren und wurden so direkt in den Ort gebracht. Immer wieder hören wir: «critical area». Warum das so ist, sagt niemand direkt. Wir erhalten dubiose Antworten wie gefährliche Tiere, runterfallende Steine bis zu magnetischen Straßen?! Im Internet lesen wir, dass sich hier anscheinend der IS mit Ausbildungscamps breit macht. Sie versuchen wohl Teile der lokalen Bevölkerung für sich zu gewinnen. Nicht unbedingt aus Überzeugung, sondern weil die wirtschaftliche Lage der Menschen einfach katastrophal ist. Der IS bringt Jobs, Geld und Versprechungen. Israel und Ägypten versuchen gemeinsam dem Einhalt zu gebieten und die Lage unter Kontrolle zu halten.
Dahab
Sicher im Dörfchen Dahab angekommen, dürfen wir auf die Räder steigen. Die erste Nacht waren wir in einem kleinen Camp mit Hütten direkt am Strand. Wir hatten einen schlechten Zeitpunkt gewählt, denn es waren gerade Ferien in Ägypten und Dahab war ein beliebter Partyort für die Teenager. Daher war fast alles ausgebucht und das ganze Örtchen platzte fast aus allem Nähten. Daher mussten wir auch umziehen, da im Camp am nächsten Tag alles voll war. Wir entschieden uns noch diesen Abend am nächsten Tag einen Schnorchelausflug zu buchen, da wir sonst eh nur rumgesessen und am Mittag umgezogen wären. Wir haben uns leider - ohne es zu wissen - auf eine Partyyacht eingebucht, voller junger Ägypter. Am Schnorchel-Spot waren dann 10 Yachten aneinandergelegt und auf jeder dröhnte lautstark unterschiedliche Musik. Wir dachten wir fahren zu unterschiedlichen Spots, jedoch war das nicht der Fall. So schnorchelten wir ein wenig durch das Korallenriff und lagen sonst den ganzen Tag auf dem Deck rum. Immerhin war das Essen lecker und der Preis für den Tagesausflug von 10 Euro auch angemessen. Am Abend fuhren wir dann zu unserer neuen Unterkunft, welche wir auf AirBnB gefunden haben. Eine ganze Wohnung für uns, sehr gemütlich und in ruhiger Lage. Hier entspannten wir etwas und machten Routenplanung, aber verwarfen sie ständig wieder: wir wollten unbedingt auf den Berg Sinai. Allein die Straße dorthin sei ein Highlight, denn es geht durch wunderschöne Berglandschaften. Jedoch wurde uns nun bestätigt, was wir befürchtet hatten. Es gab ein wirklich sehr strenges Fahrradverbot seit einem Jahr. Ein weiterer Grund hierfür sind die Spannungen zwischen den Beduinenvölkern in den Bergen und der Polizei. Es gab öfter schon Auseinandersetzungen mit Toten auf beiden Seiten. Dadurch gibt es weder die Möglichkeit mit dem Rad dorthin zu fahren, noch gibt es öffentliche Busse. Es gibt lediglich eine Nachttour, in der Touristen aus Sharm und Dahab abends abgeholt werden und in Scharen den Berg Sinai nachts um 2 Uhr besteigen, um dann oben den Sonnenaufgang zu bestaunen. Die Erzählungen anderer Reisenden stoßen uns bitter auf, wir wollten gerne entspannt alleine wandern, was aber nicht möglich ist. Langsam etwas genervt entschieden wir uns, das Highlight auszulassen und den Bus direkt nach Nuweiba zu nehmen.
Nuweiba
Dort angekommen schafften wir es tatsächlich mal ganze 17 km mit dem Rad zu fahren. Es fehlten noch genau 3 km bis zu unserem Camp, doch der Checkpoint ließ uns nicht durch und steckte uns in ein Pickup, der uns keine 10 Minuten später Camp abgesetzt hat. Zumindest war es kostenlos und zeitsparend.

Hier sind die ganze Küste entlang teils verlassene und teils noch intakte Camps, die von einfacher Strohhütte bis luxuriöse Villa reichen. Es ist wirklich ein ganz besonderer Ort, wo man die Seele baumeln lassen kann. Wir hatten ein tollen Blick auf das Meer mit den Bergen von Saudi-Arabien als Hintergrund, welche abends in ein tiefes Orange getaucht wurden, wenn die Sonne unterging. An der Rezeption wurden wir nochmals erinnert, dass wir nicht auf die Idee kommen sollen, mit dem Rad weiterzufahren. Es ist wirklich streng verboten, dabei trennten uns nur noch 55 km bis zur Grenze nach Israel. Wir machten es natürlich trotzdem. Wir blieben noch 3 Tage in unterschiedlichen Camps und genossen die Ruhe. Die einzige Straße an der Küste entlang ist wirklich traumhaft schön, es gibt Fjorde und Berge und wir haben selten so türkis-blaues Wasser gesehen. Wir haben es tatsächlich geschafft, am letzten Tag noch einige Kilometer auf dem Rad zurückzulegen und die schöne Küstenstraße zu bestaunen. Dieses Ägypten ist so ganz anders wie das stressige Kairo. Wir freuten uns schon sehr auf Jordanien. Endlich wieder Radfahren!
