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Als Trio nach Istanbul (Gastbeitrag)

Diesen Beitrag wurde verfasst von David, der uns von Thessaloniki nach Istanbul begleitet hat.


Nachdem ich in Thessaloniki gelandet bin, wurde ich von Marc und Juli mit Kaffee und Brötchen abgeholt. Mit Marc's Fahrrad Expertise wurde das Rad in den besten Zustand gebracht. Vorher war es reif für den Schrottplatz, jetzt bereit für die Tour de Greece.

Während der Fahrt ins Apartment fällt mir auf, dass ich mit zwei LKW's - getarnt als Fahrrad - unterwegs bin. "Ob ich denen das sagen darf?". Angekommen in der Unterkunft sah ich mich gezwungen, das Gespräch zu suchen um die Beiden von ihren schweren Lasten zu befreien. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass 5 Seifen, eine elektrische Zahnbürste, Mückenschutz für 2 Jahre, Sonnenschutzcreme für 3 Jahre, Po-Creme für 1,5 Jahre, 3 Rucksäcke, Akku Schrauber von Makita 18V mit 3 Ersatz Akkus, eine Werkbank und eine Tischkreissäge wirklich benötigt werden ;).

Am nächsten Morgen nach einer durchzechten Nacht mit 3 Bier, sind wir aufgestanden und hatten Kopfschmerzen. Diese wurden aber glücklicherweise von einer riesen Portion Bratkartoffeln und Rührei geheilt.


Unser erstes Ziel waren die Thermalbäder von Loutra Eleftheron, die 120km entfernt waren. Die ersten zwei Tage mussten wir uns erstmal eingrooven. Wie und wann wir Pause machen. Alles nicht so ganz einfach. Macht man Pause oder fährt man ohne Pause? Die Philosophien dabei sind, wenn man keine Pause macht, macht man in der Zeit mehr Kilometer aber bekommt dabei Hunger, der mit Schokoriegel und Banane gestoppt werden kann, aber Schokoriegel zum Mittag zu essen ist einfach nicht so geil. Die andere Philosophie ist, man hält an und macht Pause und isst was Warmes zum Mittag, währenddessen läuft die Zeit weiter aber der Tachometer macht keine Kilometer, aber dafür ist man satt. Das Problem dabei ist, man fährt mit einem dicken Ranzen und ist etwas träge dabei. Die Lösung für beide Problematiken ist, man muss sich das Mittagessen auf den Lenker spannen und währenddessen essen, beide Probleme gelöst.

Angekommen bei den Thermalquellen, suchten wir nach einer kurzen Teambesprechung einen Zeltplatz der allen Wünschen entspricht: Nah an der Thermalquelle, flache Ebene, genug Abstand zum nächsten Camper. Gesucht und gefunden. Danach wurden wir von einem Hund in sein Rudel adoptiert, nachdem wir ihm etwas Wurst als Bestechungsgeld gegeben haben. Nach einem entspannten Bad mit Bier im heißen Becken und einer schnellen Kochsession verkrochen wir uns in unsere Zelte und es begann ein Hundeorchester. Jeder Hund hat sein eigenes Revier in diesen Bereich, den er vor anderen Hunden schützt. Vermutlich eine Masche um ans Essen von den Besuchern zu kommen. Jedenfalls war die Nacht lang und gar nicht mal so leise. Am nächsten Morgen entlohnte uns aber die wunderschöne Küste Griechenlands, die türkisblau schimmerte und wären es ein paar Grad wärmer gewesen, wäre ich zu gern darin baden gegangen.

Unsere Reise ging weiter Richtung Kavala, wo uns eine Kleidungswäsche im Waschsalon erwartete. Angekommen in Kavala haben wir es geschafft eine Waschmaschine voll zu machen und hatten "genug" Zeit um Essen zu besorgen, Akkus zu laden und mir Sandalen zu kaufen. Aber "genug" ist nie genug ;-) Jeder macht sich schnell an seine Arbeit für Besorgungen, Reparatur am Rad und ich mit meinen Sandalen. Und zack war die Zeit schon rum und wir saßen schon wieder auf den Rädern zu unserem nächsten Zeltplatz. Wir fuhren an einer Ölraffinerie vorbei, wo Mutter Erde zu mir weinte. Leider hat unser technischer Wohlstand auch seine Kehrseiten und den Preis bezahlt Mutter Erde. Nachdem wir an der Raffinerie vorbei gefahren sind, war meine Erwartung, dass es ein öliger und verschmutzter Strand wäre, aber dem war zum Glück nicht so. Ein schöner Strand mit zwei Bänken und ein großer Tisch begrüßte uns. Wir wurden umzingelt von 3 gefährlich süßen Welpen, die sich in beschützendes Rudel verwandelt haben, nachdem wir wieder eine Wurst als Bestechungsgeld gegeben haben. In der Nacht wurden wir dafür von den Welpen gut bewacht. Sie haben uns die ganze Nacht beschützt indem sie jedes Geräusch angebellt haben - Ich fühlte mich sicher :) - und die Nacht war wieder sehr lang. Es sah so aus, als würden die Tiere an diesen Platz gefüttert werden, es gab ein Platz wo Hundefutter lag und eine Schüssel mit Wasser.

Am nächsten Tag suchten wir wieder einen Ort auf, an dem den Schildern nach Thermalquellen zu finden sein sollten. Der Ort ist stillgelegt und abgeschlossen, sieht wie ein kleine Geisterstadt aus. Wir suchten nach den Quellen, aber die Bäder waren in den Gebäuden, die abgeschlossen waren. Wir versuchten uns irgendwas noch zu basteln um das heisse Wasser zu nutzen, aber das Wasser war so kochend heiss, dass man sich nur verbrühen konnte. Wir blieben an diesem Ort zum Nächtigen und machten es uns gemütlich an einem Tisch mit Stühlen. "Geil, ein Tisch ;-)". Die Nacht verwandelte sich in ein Geheule aus verschiedenen Tiergeräuschen. Ob es Katzen, Hunde, Füchse, Schakale oder Werwölfe waren, wissen wir leider nicht, jedenfalls bin ich diese Nacht öfters aufgestanden und musste nachschauen ob wir nicht doch gefressen werden. Am Morgen gönnten wir uns noch ein langes Fußbad, bevor es dann weiter ging.

Während des ganzen Radfahrens ist mir folgendes aufgefallen: Tagsüber versucht man Wasser zu sparen und trinkt dann weniger, wenn man aber abends viel trinkt, muss man in der Nacht aufstehen und pinkeln. Wie könnte man viel trinken um den Körper mit genug Flüssigkeit zu versorgen und gleichzeitig einen ruhigen Schlaf abends haben ohne aufstehen zu müssen? Ob andere Radfahrer das gleiche Problem haben? ;-)

Am nächsten Morgen fuhren wir an der Küste Griechenlands Richtung Türkei. Manchmal passiert beim Radfahren nicht so viel, man fährt einfach an der Straße entlang zum nächsten Schlafplatz. An solchen Tagen sind unsere Ziele nur Kilometer zu machen und genug Proviant im Supermarkt zu sichern, wenn abends wieder das große Hüngerchen kommt. Blöderweise war Julia seit der ersten Thermalquelle etwas erkältet und die Erkältung hat sich auf Marc und mich nach zwei Tagen übertragen. Und wenn Männer eine Erkältung erleiden, kann sie schnell zu einer Männergrippe mutieren. Die Männergrippe von Marc hielt leider noch länger an als üblich.

Fast am Ende unserer Tour in Griechenland haben wir noch eine dritte Thermalquelle gefunden, die wir angepeilt haben. Angekommen an der Quelle haben wir einige Menschen gesehen, die das Wasser als Heilwasser angepriesen haben. Also hab ich beschlossen meine Männergrippe mit dem Heilwasser zu heilen, ich hab es angefangen zu trinken, es als Nasendusche zu verwenden und zum Gurgeln. Nach etwa einem Tag wurden die Symptome besser als bei Marc, aber so ganz weg war es nicht. Ich hätte wohl mehr davon trinken sollen ;-). "Schmeckt übrigens sehr salzig".


Nach unseren gemeinsamen Fußbad in der Quelle fuhren wir weiter Richtung türkische Grenze. In einer Ortschaft hatten wir Heißhunger auf Pizza und haben im Ort nachgefragt. Eine Mutti im Café hat uns angeboten, dass sie für uns eine Pizza backt. Julias Wünsche wurden erhört.

Danach ging es noch über die Grenze und nur noch auf Schlafplatzsuche. Wir wurden fündig in der Nähe eines alten Steinbruchs. Hier hörten wir in der Nacht seltsames Getrommel obwohl wir super abseits von jeglicher Zivilisation waren. Andere Reisende hörten auch Trommeln mitten in der Nacht, daher ist das wohl ein Bestandteil, der zum Ramadan gehörte. Hier tickten die Uhrzeiten sowieso etwas anders, nachts war öfters mal Halligalli. Am nächsten Morgen weckten mich Julia und Marc mit einer Planänderung. Eigentlich wollten wir nördlich nach Istanbul fahren, aber sie entschieden sich, mit einer Fähre reinzufahren, da der Verkehr in Istanbul nicht sehr angenehm für Radfahrer sein soll. Mir sollte es recht sein, denn anders wie die beiden, liebe ich ruhigere Straßen - gerne übers Feld. Leider hieß die Richtungsänderung das wir extremen Gegenwind hatten. Außerdem fühlten sich Marc und ich nicht gut. Er brauchte viele Pausen und wir kamen nur schleppend voran. Somit überredete Julia uns einen Bus zu nehmen und zumindest für heute dem Wind auszuweichen. Somit fuhren wir 80km mit dem Reisebus nach Gelibolu. Dort angekommen gönnten wir uns zum ersten Mal ein Gözleme, ein super leckeres Blätterteig-Käse-Gemisch. Nach der Stärkung ging es dann zu unserer Unterkunft, da es noch regnen sollte. Wir wussten nicht so recht wo wir hinkamen, es war eine Villa im Nirgendwo. Dort angekommen bellten uns ca. 10 Hunde aufgeregt an. Hakan, unser Gastgeber, öffnete uns die Tür und jedes Hündchen wollte erstmal gestreichelt werden. Diese Villa war wirklich sehr groß, hatte 3 Schlafzimmer, einen großen Wohn- und Essbereich und vor allem einen offenen Kamin. Auch die Badewanne wurde von uns Kranken für ein Heilbad verwendet. Da an den nächsten Tagen Wind und Regen vorherrschte, blieben wir einfach hier und taten nichts. Es war gut, denn meine Knie schmerzten etwas vom Radfahren und auch Marc musste sich ausruhen. Daher spielten wir Spiele, schauten Filme und verbrachten viel Zeit mit den Tieren. Von den 12 Hunden lebten auch viele Straßenhunde hier bei Hakan, wovon sich viele auch mal in das Haus schlichen. Es war wie im Streichelzoo, denn zu den Hunden gesellten sich auch noch an die 6 Katzen, 3 davon waren schwanger. Diesen fanden auch immer wieder einen Weg rein oder wir ließen sie rein, aber die konnten sich auch in richtige Monster verwandeln, wenn wir sie rausschicken wollten. Da wurde gekratzt und gebissen. Aber alles in allem war es eine ganz wunderbare Zeit in Gelibolu, zum Entspannen und Runterkommen.

Als das Wetter wieder besser vorhergesagt wurde, ging es los Richtung Süden nach Canakkale. Aber der Regen holte uns keine 10 Minuten später mit voller Wucht ein, aber dank meiner perfekten Regenkleidung war das die reinste Freude für mich. In der Stadt angekommen wurde natürlich erstmal ein Bild vom trojanischen Pferd gemacht, denn Troja war hier nicht mehr weit entfernt. Wir sparten uns den Weg nach Troja, weil dort nur noch ein paar Ruinen standen. Aber in Canakkale gönnten wir uns unseren ersten Döner. Wir dachten erst, dass wir aufgrund von Ramadan eventuell tagsüber nichts zu essen bekamen, aber dem war definitiv nicht so. Die West-Türkei war hier wohl sehr modern. Der Döner schmeckte leider nur Marc, da es Lammfleisch gab und kein Hähnchen. Das mussten wir uns für die Zukunft merken. Dann fuhren wir weiter nach Norden und suchten uns einen Schlafplatz. Gerade vor einem Dorf hielt uns plötzlich ein deutschsprachiger Türke an und fragte, ob wir einen Schlafplatz brauchen und meinte, dass er einen Campingplatz hat und wir ihm folgen sollen. So fuhren wir zu dem süßen kleinen Campingplatz, wo wir Toiletten und Wasser hatten. Er bot uns sogar frischen Spinat, Knoblauch und Lauchzwiebeln vom Acker an, was wir dankend annahmen. Daher gab es lecker Kartoffeln mit frischem Spinat am Abend, dazu noch ein Feuer. Der Platz hatte sogar eine eigene Badestelle, aber leider war es wieder viel zu kalt zum Baden.

Den Tag darauf mussten wir wieder im Regen und Gegenwind weiterfahren, denn wir hatten eine Verabredung mit zwei anderen Bikepackern, die Juli und Marc schon vorher in Israel getroffen hatten. Wir waren bei einem Café verabredet, welches stillgelegt war, wir aber somit die Terrasse als Nachtlager und Aufenthaltsraum nutzen konnten. Hier haben wir zusammen gekocht, unsere Erlebnisse geteilt und ein gemütliches Miteinander direkt am Hafen gehabt. Die beiden waren auf dem Weg zurück nach Europa, denn sie wollten im Juli am Nordkap sein.

Es ging wieder zurück auf die vielbefahrende Bundesstraße Richtung Istanbul. Das Gute, wir hatten oft die Möglichkeit lecker an den Tankstellen zu essen. Heute gab es superleckere Köfte (Hackbällchen) und unser neues Lieblingsdessert: Sütlac (überbackener Milchreispudding). Für die Nacht steuerten wir ein Dorf am Marmarasee an, wo uns wieder einige Hunde auf Trab hielten. Wir hatten hier unser Quartier an einem alten Strandcafé bezogen, wo wir wieder vor dem Regen geschützt waren. Abends kam wohl noch der Besitzer, der scheinbar nicht ganz so erfreut war. Die Sprachbarriere sorgte allerdings dafür, dass er es am Ende wohl akzeptiert hatte, dass wir nun da waren. Es war wieder eine anstrengende Nacht, da die Hunde wieder sich gegenseitig oder wieder irgendwelche Geräusche anbellen mussten. Am nächsten Morgen kam der Besitzer und zwei Helfer, sie wollten das Cafe wohl wieder fit machen. Nun war der Besitzer eigentlich sehr freundlich, aber durch die fehlende Verständigung konnten wir nur maximal unseren Dank aussprechen, dass wir hier nächtigen durften. Als es auf dem Rad wieder los ging hatten wir dann eine Eskorte aus dem Dorf, denn unsere beiden Wachhunde begleiteten uns netterweise sicher bis zur Bundesstraße. Es ging bis nach Bandirma, wo wir zu Mittag aßen und dann auf die Fähre Richtung Istanbul, wo ich meine letzten Kilometer auf dem Rad zurücklegen würde. Denn nach ein paar Tagen Aufenthalt in Istanbul ging für mich der Flieger wieder zurück nach Deutschland. Da ich mir das Verpacken und die zusätzlichen Kosten sparen wollte, habe ich mein Rad einfach verschenkt und reiste nur mit meinen Packtaschen zurück. Ich habe aber auf alle Fälle wieder Blut geleckt und hab Bock die beiden nochmals eventuell durch mein Heimatland Kasachstan oder durch anderen Länder zu begleiten. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.


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